Auf Einladung der Wartburg Stiftung Eisenach trafen sich zu dem zweiten Workshop Burgenkarte und Burgenführer die Burgenstraße Thüringen e.V. und das Südtiroler Burgeninstitut e.V. vom 2. bis 3. Juni 2013 auf der Wartburg. Der Workshop diente der Erarbeitung gemeinsamer Standards von landestopografischen Burgenkarten und Burgenführern für die Burgentourismusregionen Südtirol und Thüringen im Rahmen einer länderübergreifenden Partnerschaft. Gemeinsames Ziel auch dieses Workshops war die qualitative Verbesserung im Angebot von Führern für den Kulturtourismus, insbesondere für den Burgentourismus. Hierbei soll der Tourismus einer unterhaltsamen Vermittlung von Bildungshorizonten dienen.
Die Initiative zur qualitativen Verbesserung der Burgenführer steht im Zusammenhang mit zwei weiteren Projekten, der Entwicklung von Burgenpartnerschaften zur Nutzung synergetischer Effekte bei der Vermittlung von Inhalten und der Entwicklung einer Lobby für qualitätvollen Burgentourismus, der es versteht, Bildung als Erlebnis darzustellen und den Tourismus dabei als naheliegende Vermittlungsstrategie nutzt. Der zweite Workshop setzte die Initiative zur Entwicklung von europaweit nutzbaren Standards für regionale Burgenführer fort. Als Zielstellung der Tagung wurde die Vereinigung von Landschaftserlebnis und Burgenerlebnis zum einzigartigen Kulturerlebnis propagiert. Der Vermittlungsansatz soll hierbei Lebensgefühl sowie historische und gegenwärtige Realität miteinander verknüpfen.
Im Rahmen eines Einführungsvortrages am Vorabend wurde von Grit Jacobs M. A. die Tirolreise des Großherzogs Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach im Jahr 1858 vorgestellt. Sie stellte eindrucksvoll die engen Verbindungen zwischen Südtirol und Thüringen heraus und benannte eine Reihe von gemeinsamen Themen, die im Rahmen der Burgenpartnerschaften abgearbeitet werden könnten. Nach der Vorstellung der beiden veranstaltenden Institutionen und den Grußworten der jeweiligen Vorsitzenden eröffnete der Wartburger Burghauptmann Günther Schuchardt die Reihe der Referate mit dem Vortrag zum den Thüringer Burgenführern. Das Referat beschränkte sich nicht auf die Darstellung des bestehenden Angebotes, sondern formulierte sehr deutlich den Anspruch an einen Burgenführer nach heutigen Qualitätsstandards. Herausgestellt wurden insbesondere eine Bestandsbeschreibung der Burgenanlagen in Dehio-Qualität, eine einwandfreie geografische Einordnung nach dem neuesten Stand, die ein servicebezogenes, autofahrerfreundliches und wanderbares Erreichen der Zielorte ermöglicht. Schließlich gehört die landesgeschichtliche Würdigung und kulturregionale Kontextualisierung ebenfalls mit zu diesem Angebot. Lesbarkeit, Unterhaltsamkeit und Informationsdichte verstehen sich von selbst. Günther Schuchardt plädierte noch einmal für eine praktikable Vereinigung von Burgenführer und Burgenkarte, insbesondere um auch die Einheit von Landschaftserlebnis und Burgerlebnis zu ermöglichen. Die Grundrisse und Karten sollten eine Verständlichkeit und Erreichbarkeit der einzelnen Orte gewährleisten. Die Baugeschichte der einzelnen Objekte sollte nach dem neuesten wissenschaftlichen Stand orientiert sein, ohne mit wissenschaftlichen Informationen überfrachtet zu werden. Für den Bereich Thüringen müsste außer dem heutigen Bundesland Thüringen natürlich auch der Landkreis Coburg des Freistaates Bayern mit in den Führer aufgenommen werden.
Über Burgenführer und ihre Vernetzung im Burgentourismus aus touristischer Sicht referierte anschließend Stefan Hartbauer von der Adam-Ries-Fachhochschule Erfurt. Er plädierte dafür, den Burgentourismus als Teil eines ganzheitlichen Angebotes in der Region zu verstehen. Vielfalt und funktionale Vernetzung seien entscheidende Erfolgsfaktoren. Apps und Navigationssysteme müssten hier in praxisbezogener Weise genutzt werden. Das Internet sollte gezielt zur Motivation der jüngeren Generation eingesetzt werden. Dr. Albrecht Weiland vom Verlag Schnell & Steiner sprach anschließend über die Anforderungen an Burgenführer aus der Sicht des Verlegers. Seine zentrale Aussage bestand in der Feststellung, dass die Kunst eines wirklich gut gestalteten Burgenführers darin liegt, dass man ihm die zugrunde liegende Wissenschaftlichkeit nicht ansieht, sondern als servicebezogene Qualität wahrnimmt. Dr. Weiland benannte nochmal die wesentlichen Standards, die aus seiner Sicht für einen guten Burgenführer unverzichtbar sind, so Überblicksdarstellung von Burgenlandschaft, Einführung in die Region, gut lesbare Baualterspläne, übersichtliche Luftbilder, informative Karten mit den notwendigen Verkehrsverbindungen. In der anschließenden Diskussion seines Beitrages kristallisierte sich heraus, dass ein guter Burgenführer immer eine echte Verführung sein sollte.
In einem weiteren Vortrag erläuterte Prof. Dr. Helmut-Eberhard Paulus die hohe Bedeutung der Burgen für die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Landesgeschichte am Beispiel Thüringen. So erweisen sich die Burgen als eindrucksvolle Anschauungsbeispiele für eine ablesbare Landesgeschichte in ihren bis heute wirksamen Facetten.
Mit der interaktiven Umsetzung der Burgenkarte beschäftigte sich abschließend Herr Jens Büttner vom Architekturbüro Bießmann + Büttner. Er zeigte eindrucksvoll das Problem der Datenflut und die Notwen-digkeit eines angemessenen Umgangs mit dieser Datenflut auf. Zum interaktiven virtuellen Burgenführer gibt es nach seiner Ansicht eigentlich keine Alternative, die besondere Leistung eines neuen Burgenführers bestünde aber in der Vernetzung der jeweiligen Medien.
Die abschließende Diskussion über die Anforderungen an ein neues Modell Burgenführer arbeitete drei Gesichtspunkte besonders heraus: Zunächst die Entwicklung von Standards, ferner das Verhältnis zu den Möglichkeiten der Vernetzung und schließlich die Definition der Zielgruppen.
Zum Teilaspekt der Standards eines solchen Burgenführers war man sich darüber einig, dass man an einer differenzierten Behandlung der einzelnen Objekte nach Anspruch und Bedeutung nicht vorbeikommt. So sollte die Burgenkarte – eventuell unter Einsatz elektronischer Medien – möglichst alle Objekte einer Region enthalten, die Printversion des Führers aber eine repräsentative Auswahl treffen. Innerhalb der Objekte wird es aber zudem eine Hierarchisierung geben, die besonders bedeutende und wichtige Objekte in geeigneter Weise in den Vordergrund rückt. Ziel ist also die sachgerechte Differenzierung und nicht ein nivellierendes Schema. Zum Thema Vernetzungen war man sich relativ schnell einig geworden, dass eine Kombination des gedruckten Führers mit Apps anzustreben ist. Im Kartenbereich sind die elektronischen Angebote überlegen, in der anschaulichen Information vor Ort und zu Hause im Sessel der gedruckte Führer. Er ermöglicht auch den Einstieg in die Tiefen der elektronischen Informationen.
Noch keine Einigkeit konnte in der Zielgruppendiskussion erreicht werden. Einerseits bestand der Wunsch, so viele Menschen wie nur möglich anzusprechen und als Besucher zu akquirieren. Andererseits stand die Erkenntnis im Raum, dass es ein Jedermannsangebot, das alle und jeden gleichermaßen anspricht, nicht geben kann. Die Aufgabe eines dritten Workshops wird darin bestehen, einen ausgewogenen Mittelweg zu finden, der Burgentourismus als Qualitätstourismus gewährleistet, aber andererseits die Schwellen so niedrig ansetzt, dass jeder Zugang hat, der sich dem Reglement eines anspruchsvollen Themas anzupassen bereit ist, um dieses als Erlebnis mitzunehmen.